Erdbeben in Myanmar: «Ich habe meine Nachbarn unter dem Schutt gesehen»

Sie hat es mit eigenen Augen gesehen: die Auswirkungen des Erdbebens in Myanmar. Daw Soe Soe (53) lebt mit ihrem Mann und ihren sieben Kindern in Mandalay, einer Stadt in der Mitte des Landes. Dort sind viele Häuser zusammengebrochen.

Das Epizentrum des Erdbebens vom 28. März lag in Myanmar, in der Nähe von Mandalay. Die Stadt wurde schwer getroffen. Daw Soe Soe, ihr Mann und ihre sieben Kinder hatten ein mehrstöckiges Haus in der Stadt. Durch das Erdbeben ist ihr Haus unbewohnbar geworden. Es steht zwar noch, aber die Einsturzgefahr ist zu gross, um zurückzukehren.

Unterschlupf im nahe gelegenen Kloster
Während des Bebens floh sie mit ihrer Familie auf das Gelände eines nahe gelegenen Klosters. Dort schlafen sie immer noch auf Matten, die sie sich von den Mönchen ausleihen dürfen. Unter Tränen erzählt sie von dem Moment, als das Erdbeben ihre Stadt erschütterte.

«Es ging alles so schnell. Wir rannten sofort nach draussen, um uns in Sicherheit zu bringen. Mein Sohn schlief noch, und ich kochte gerade, als es passierte. Zum Glück haben wir alle überlebt.»

Menschen unter Trümmern begraben
Sie ist sich bewusst, dass es auch ganz anders hätte enden können. «Ich habe gesehen, wie etwa siebzehn Menschen vor meinen Augen unter den Trümmern der einstürzenden Häuser verschwanden. Sie feierten gerade eine Geburtstagsparty. Selbst als wir über die Strasse liefen, sahen wir, wie Häuser einstürzten. Die Menschen waren unter den Trümmern gefangen, und wir konnten ihnen nicht helfen. Das war ein schreckliches Gefühl.»

Ihr eigenes Haus ist nicht eingestürzt, aber das bedeutet nicht, dass sie zurückkehren kann. «Es ist zu gefährlich. Die Häuser sind hier sehr dicht beieinander gebaut. Die Chance, dass unser Haus trotzdem einstürzt, ist immer noch sehr gross.»

Abhängig von anderen
Da sie nicht in ihr Haus zurückkehren kann und nichts mitnehmen konnte, als sie gehen musste, weiss sie nicht, wie sie ihr Leben wieder aufbauen soll. Das trifft Daw tief.

«Wir haben uns immer selbst versorgt, und jetzt sind wir auf Hilfe angewiesen. Ich kann nicht für meine Familie kochen, und wir trauen uns noch nicht auf die Strasse.»

Sie fährt fort: «Zum Glück werden ab und zu Lebensmittelpakete geliefert. Unsere Nachbarn haben auch ein zusätzliches Paket erhalten, das sie mit uns geteilt haben. Ich selbst esse nicht davon, denn ich möchte, dass meine Kinder genug zu essen haben. Wir müssen unser Leben von Grund auf neu aufbauen.»

 

Myanmar: Daw Soe Soe hat Lebensmittel und Wasser erhalten
Schnelle Hilfe: Daw Soe Soe hat Lebensmittel und Wasser erhalten.

Ungewissheit in der Bevölkerung
Die Sorgen, die Daw hat, werden von Tausenden ihrer Mitbürgerinnen und Mitbürger geteilt, sagt Yasmijn de Boer, die für unsere lokal stationierte Partnerorganisation in Myanmar arbeitet.

«Der Bedarf an Unterkünften, sauberem Trinkwasser und finanzieller Unterstützung ist in Myanmar enorm. Das Ausmass der Katastrophe ist gross, und die Unsicherheit in der Bevölkerung nimmt weiter zu. Die Menschen wissen nicht, ob sie sicher in ihre Häuser zurückkehren können und wie sie die kommenden Tage überstehen werden.»

Das Erdbeben kommt zu dem Leid hinzu, dem viele Menschen in Myanmar bereits ausgesetzt waren. Viel Gewalt und eine schwere Wirtschaftskrise führen dazu, dass die Menschen in Myanmar fast nichts zum Überleben haben.

ena hilft in Myanmar
ena hilft in dem betroffenen Gebiet auf verschiedene Weise. Zum Beispiel unterstützen wir 3330 besonders betroffene Familien, damit sie lebensnotwendige Güter wie Essen, Hygieneartikel oder Bettzeug selbstständig erwerben können. Diese Hilfe ermöglicht den Menschen inmitten der Krise ein Stück Eigenständigkeit und Würde. Wir verteilen auch Zelte, Moskitonetze und andere Materialien an Menschen, die keine sichere Unterkunft haben. Ausserdem versuchen wir, Häuser zu reparieren. Wir prüfen, welche Häuser noch gerettet werden können, und stellen Material und technische Hilfe zur Verfügung. Auf diese Weise geben wir den Menschen eine neue Perspektive für die Zukunft.

Mehr über unsere Hilfe finden Sie hier: Nothilfe in Myanmar.

Myanmar: Verteilaktion von Lebensnotwendigem nach dem Erdbeben
Schnelle Hilfe: Wir können mit unserer lokal stationierten Partnerorganisation ZOA sofort auf ein gut verankertes Netzwerk zurückgreifen.