Seerosen im Einsatz für sichere Geburten

Fatema Begums Leben spielte sich grösstenteils in den eigenen vier Wänden ab. Sie verliess nur selten das Haus und wenn, dann nur in Begleitung. Durch die Unterstützung ihrer Frauengruppe wagt sie den Schritt raus – und entdeckt ihre Berufung.

Fatema Begum kennt sie gut, die eigenen vier Wände. Hier spielt sich ihr Leben ab. Sie kümmert sich um die zwei Kinder und um den Haushalt, während ihr Mann mit Feldarbeit das Geld der Familie verdient. So ist das in vielen ländlichen Regionen Bangladeschs der Fall. Das Haus verlässt Fatema nur selten, und wenn, dann nur in Begleitung. Mit anderen Frauen aus ihrer Umgebung hat sie kaum Kontakt.

 

«Ich bin sehr dankbar, als Community Health Volunteer arbeiten zu können. Die Gemeinschaft respektiert mich und freut sich über meine Unterstützung.»

Bangladesch: Eine Frau klärt werdende Mütter über Geburtsvorsorge auf.
Fatema in ihrem Element: Als Community Health Volunteer klärt sie Frauen über wichtige Geburtsuntersuchungen auf.

Als Fatema 2021 auf engagierte Frauengruppen in ihrer Region aufmerksam wird, beschliesst sie, sich einer anzuschliessen und wird Mitglied der Shapla Mohila-Gruppe. Die Gruppe hat 20 Mitglieder, die sich wöchentlich treffen, um sich über verschiedene Themen wie Frauenrechte, Ausbildung und Vernetzung auszutauschen. Fatema wird auch eine ganz besondere Rolle zuteil: Sie wird ein Community Health Volunteer, also die ehrenamtliche Gesundheitshelferin ihrer Gruppe. Für ihre neu gewonnenen Aufgaben nimmt sie an einer dreitägigen Weiterbildung teil.

In ihrer Rolle als Community Health Volunteer bietet Fatema wichtige Gesundheitsdienste für Frauen an. Sie klärt werdende Mütter darüber auf, wie wichtig Schwangerschaftsuntersuchungen vor und nach der Geburt sind und wie sie eine sichere Geburt planen können. Um die Sicherheit von Mutter und Kind zu gewährleisten, macht sich Fatema auch für institutionellen Geburten stark, also Geburten in einem Krankenhaus, einer Geburtseinrichtung oder unter der Betreuung von Fachpersonal wie Ärzten oder Ärztinnen oder Hebammen. Schon 35 schwangere Frauen konnte sie vor, während und nach der Geburt begleitet. Auch nach der Geburt steht Fatema den Frauen und ihren Kindern bei. Bereits über 50 Kinder unter 2 Jahren betreute sie, bewertete ihre Gewichtszunahme und ihre Entwicklung.

 

«Mein grösster Antrieb ist die Unterstützung meiner Familie, die mir immer Rückhalt gibt.»

 

Neben der Schwangerschaftsberatung setzt sich Fatema auch für die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und gegen Kinderheiraten ein. Zwei grosse und zu unberührte Themen: Diskriminierung und häusliche Gewalt sind weit verbreitet und bleiben oftmals unentdeckt. Mädchen werden als finanzielle und soziale Belastung angesehen und häufig noch im Kindesalter verheiratet. In Bangladesch ist mehr als die Hälfte der Mädchen bei ihrer Hochzeit noch nicht 18 Jahre alt. Auf diese Missstände macht Fatema aufmerksam.

Fatemas Leben hat sich in den letzten Jahren grundlegend verändert: Von dem abgeschiedenen Leben in den eigenen Wänden wurde sie zu einer wichtigen Stütze für andere Frauen aus der Region. Für den Auslöser dieser Veränderung sorgte die Frauengruppe, die sich liebevoll Shapla Mohila nennt. Auf Deutsch bedeutet das: Seerosen.

 

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